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Dialektisch geehrter Herr Professor,

wie Sie wissen, versuche ich immer mein wissen­schaftliches Repertoire zu erweitern. Ich beobachte die kosmischen Systeme, die vor meinen Augen in der wirbeligen Unendlichkeit verschwin­den und die psychischen Systeme, die sich auf dem Winterschlussverkauf die letzte runtergesetzte Unterwäsche gegenseitig aus den Händen reißen.
Ich kommuniziere mit jedem Grashälmchen, mit jeder Ameise und sogar mit meinem Nachbarn, wenn ich das Glück habe, ihm noch vor seinem sechsten Bierchen zu begegnen. Ich grüße höflich alle Jugendkulturen, die ich nach zehn Uhr nachts in einer dunklen Straße antreffe und bin immer bereit, bei ihrem Projekt "Haste ein Euro?" mitzumachen.
Ich esse kultur­theoretisch und wasche mich erzieherisch, so dass ich praktisch keine einzige Minute ohne meine verehrte Wissenschaft verbringe. Aber nichts geht über die fußballdialektische Methode, die ich letztens gelernt habe! Ich hätte nie gedacht, dass man die Welt so einfach auf einen Schlag erklären kann. Hören Sie sich das an!
These: Die Borussen sind gut, die Kölner sind böse.
Antithese: Die Kölner sind gut, die Borussen sind böse.
Wie die Synthese lauten soll, bin ich mir noch nicht schlüssig, ich bin aber zuversichtlich, dass Sie mir dabei helfen. Ich freue mich schon auf das nächste Seminar!

Ihre wissenschaftlich bewiesene
Studentin